Elektrizitätswerk
Weitsichtig und gegenüber dem Fortschritt aufgeschlossen waren die Mettener Mönche schon immer. So entschloss man sich bereits 1905 zum Bau eines eigenen Elektrizitätswerks. Die Kraft des Mettener Bachs wurde genutzt, um durch Turbinen Strom für das Kloster zu erzeugen. Nach und nach wurden sogar Teile des Ortes mitversorgt. Dazu gehörten die Brauerei, das Haus des Posthalters und das Betriebsgebäude der Lokalbahn Metten-Deggendorf.
Mittlerweile hat das Kloster einen Vertrag mit E.ON Energie. Zur Verbesserung ihres Mittelspannungsnetzes verzichteten die Mönche auf das „immerwährende“ Benutzungsrecht der 20 kV-Leitung zwischen Kloster und Turbinenhäuser. Die Wasserkraftwerke speisen an Ort und Stelle direkt ins Niederspannungsnetz des Unternehmens ein. Der ausgehandelte Vertrag wurde 2005 noch einmal modifiziert. Seither bezieht das Kloster von E.ON den gesamten elektronischen Energieverbrauch und bezahlt dafür. Die in den Wasserkraftwerken erzeugte Energie wird ihm jedoch vergütet
Nach Angaben von Pater Paul Engelbrecht versorgt das klösterliche E-Werk nur noch den Klosterbereich, das Pfarrzentrum, das Cafe am Kloster sowie einige Wohnungen. Die Hauptverbraucher sind die klösterlichen Einrichtungen und Betriebe, deren Verbrauch alle zwei Monate abgerechnet wird und für die Preise festgelegt sind, die jenen von E.ON entsprechen. „Ein bisschen E-Werk-Atmosphäre hat sich also bis in die heutige Zeit hinübergerettet“, wie Pater Paul stolz betont. Mit Pater Thomas Winter und dem Elektroinstallateur Rudolf Achatz kümmert er sich um alles. Seit 2005 gibt es auf dem klösterlichen Areal zudem eine Hackschnitzelheizung, die 85 Prozent des Jahresbedarfs liefert.
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1 Geschichte
1.1 Nutzung der Wasserkraft in Metten seit dem Mittelalter
Schon seit seiner Gründung im 8. Jahrhundert nutzte das Benediktinerkloster Metten die Wasserkraft des Mettener Baches, der bis vor ca. 25 Jahren durch den Klostergarten floss und die Klostermühle am Ostende des Brauereitraktes antrieb. Zur Mühle gesellte sich 1859/60 ein Sägewerk. Das hölzerne Wasserrad der Getreidemühle wurde 1908 durch eine Turbine ersetzt. In den 70er Jahren mußte die Mühle samt Turbine dem Neubau des Internates weichen.
1.2 Einrichtung eines Elektrizitätswerkes
Am 16. November 1905 beschloss das Klosterkapitel, ein Elektrizitätswerk zu errichten, um Klostergebäude, Brauerei und Ökonomie mit elektrischer Beleuchtung versorgen zu können. Das Turbinenhaus solle neben der Straße nach Egg, in der Nähe der Wärmestube der damals noch bestehenden Granitgesellschaft errichtet werden.
Im Januar 1906 wurden die technischen Daten des geplanten E-Werkes bekanntgegeben: das Wasser solle vom Bassin der Schwimmschule (heutiger Stauweiher) durch eine 305 m lange und 50 cm dicke Zementrohrleitung und eine 105 m lange und 40 cm dicke gusseiserne Leitung die Turbine der Fa. Voith, Heidenheim, antreiben.
Bei einem Gefälle von ca. 25 m und einer Durchflußmenge von 0, 16 m³/s ließe sich eine Turbinenleistung von 39, 1 PS erzielen. Die Turbine werde einen Gleichstromgenerator betreiben. Dieses Projekt durfte jedoch nur der Selbstversorgung der Abtei dienen. Ende des Jahres 1906 wurde die Anlage unter der Aufsicht von Fr. Konrad Stöger OSB (1875-1956) in Betrieb genommen. Das Kloster wurde nun von einem Gleichstromgenerator (22 kW, 2 x 220 V), angetrieben durch eine 25 PS – Turbine, versorgt.
1.3 Schrittweise Versorgung der Umgebung Mettens und Ausbau des E-Werkes
1908 wurde das Krankenhaus Mettens an das klösterliche E-Werk angeschlossen. Bedingt durch die Leuchtmittel- und Brennstoffknappheit während des Ersten Weltkrieges wurde 1916 auch an die Gemeinde Metten Strom geliefert. Dieser Zustand blieb auch nach 1918 bestehen.
Die Stromversorgung der Ortschaft und der Ausbau der Klosterbrauerei erforderten eine größere Erzeugerleistung. So wurden 1924 zwei Dieselmotoren in der Schaltzentrale im Kloster aufgestellt, die zusammen eine Leistung von 90 kW erbrachten. Ab 1924 wurden die Nachbarorte Berg und Buchberg, später auch weitere Ortschaften und Gehöfte im Umkreis von ca. 5 km mit elektrischem Strom versorgt.
In den Folgejahren wurden ein elektrischer Aufzug, ein elektrischer Ofen in der Bäckerei und eine neue Kühlanlage für die Brauerei im Kloster installiert. Außerdem stellte man in der Schaltzentrale einen neuen Dieselmotor auf.
Weil sich der Betrieb dieser Motoren durch anspruchsvolle Wartung, Lärm- und Abgasbelastung als unangenehm erwies, wurde das Kloster 1930 an das (Wechselstrom-)Überlandwerk Niederbayern angeschlossen. Dazu war allerdings der Einbau einer Gleichrichteranlage nötig, da das Kloster ja Gleichstrom benötigte. Vom Überlandwerk wurden nun 100 kW Zusatzstrom geliefert.
1.4 Übernahme des E-Werks Laufmühle
Als die Abtei 1931 das Schloss Egg ersteigerte, kam es in den Besitz eines zweiten Kraftwerkes. Dieses E-Werk Laufmühle war 1925 errichtet worden und hatte eine Zweifach-Francis-Turbine erhalten. Bei einem Gefälle von 9 m ergibt sich eine Leistung von 7,5 bzw. 15 kW.
1937 wurde die aus dem Jahr 1906 stammende Turbine durch eine neue, etwas größere abgelöst. Der dazugehörige Generator liefert bei einer Turbinenleistung von 65 kW eine elektrische Leistung von 60 kW.
1.5 Umstellung auf Wechselstrom
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Teile der Ortschaft auf Wechselstrom umgestellt. 1948/49 wurde zur Erzielung höherer Leistungen ein neues Staubecken angelegt, die teilweise zerfallenden Zementrohre durch Eisenrohre ersetzt und eine zweite Turbine aufgestellt. Diese Turbine erzeugt 25 kW, beide Turbinen zusammen liefern allerdings nur 75 kW, weil die Rohrleitung nicht mehr Wasser bringt.
1956 stirbt Fr. Konrad Stöger, die Verantwortung für das E-Werk übernahm P. Pirmin Beimler OSB (1902-1982). Im folgenden Jahr trat die Benediktinerabtei Metten ihr Versorgungsgebiet an die OBAG ab, die ab 1958 das bis dahin durch Gleichstrom betriebene Netz auf Wechselstrom umstellte. Auch das Kloster wechselte zum Wechselstrom, und vom Turbinenhaus zur Schaltzentrale wurde eine Hochspannungsleitung eingerichtet.
1.6 Neue Turbine, Staumauersanierung und Übergabe der Hochspannungsleitung
Die große Turbine platzte 1972 infolge Versagens des Reglers durch den Wasserdruck, und eine neue musste angeschafft werden. Diese Turbine wurde von der bewährten Firma Voith installiert.
Da die Staumauer, bedingt durch die sparsame Verwendung von Baumaterial in den Nachkriegsjahren, allmählich den Richtlinien der Aufsichtsbehörden nicht mehr entsprach, wurde 1989 unter P. Paul Engelbrecht OSB, dem Nachfolger des 1982 verstorbenen P. Pirmin Beimler, die Staumauer erneuert und für das 1000jährige Hochwasser ausgelegt.
Die klostereigene Hochspannungsleitung (Laufmühle – Turbinenhaus – Kloster) wurde 1996 von der OBAG übernommen, damit die Ringversorgung für den Markt Metten sichergestellt ist. Die drei Generatoren speisen nun direkt ins OBAG-Netz ein, und das Kloster wird ganz aus dem OBAG-Netz versorgt. Erzeugung und Verbrauch für die bzw. von der OBAG werden jeweils durch einen Zähler gemessen und entsprechend abgerechnet.
2 Heutige Situation
2.1 Aufbau und Funktion
Das Wasser des Mettener Baches muss vor dem Stauweiher das E-Werk Laufmühle passieren, wo es durch ein Gefälle von 9 m in zwei Turbinen elektrische Leistung von 7, 5 bzw. 15 kW erzeugt. Eine elektronische Regelanlage, die mit Hilfe von Wasserstands- und Drehzahlmesser die optimale Leistung berechnet, schaltet entweder die große oder die kleine Turbine oder beide gleichzeitig ein. Der erzeugte Strom wird ins OBAG-Netz eingespeist.
Nach dem E-Werk Laufmühle fließt das Wasser in den Stauweiher und von da über die beschriebene Rohrleitung in das 27 m tiefer gelegene Turbinenhaus. Dort durchläuft es zwei Turbinen mit 25 bzw. 60 kW elektrischer Leistung. Wiederum können entweder die große oder die kleine Turbine oder beide gleichzeitig betrieben werden. Im letzteren Fall sinkt allerdings die Gesamtleistung auf 75 kW. Der Betrieb der Turbinen muss hier im Gegensatz zum E-Werk Laufmühle zur Zeit noch von Hand geregelt werden. Der Strom dieser beiden Turbinen wird ebenfalls direkt ins OBAG-Netz eingespeist.
Im Transformator beim Kloster wird die Hochspannung wieder auf 230/400 V umgewandelt und in der Schaltzentrale auf die einzelnen Abnehmer (Kloster, Gymnasium, Internat, Betriebe, …) verteilt.
Bei Stromausfall ist die Versorgung durch ein Diesel-Notstromaggregat (80 kW) sichergestellt.
2.2 Die Francis-Turbine
Sowohl das E-Werk Laufmühle als auch das Turbinenhaus sind mit Francis-Turbinen ausgestattet. Diese Turbinenform ist eine Verbesserung der 1838 von S. B. Howd konstruierten Turbine durch J. B. Francis (1815-1892). G. F. Swain entwickelte sie zu ihrer heutigen Form.
Das Wasser strömt durch die Druckleitung und das Spiralgehäuse zu den Leitschaufeln. Diese können zur Regulierung der Durchflussmenge und damit der Turbinenleistung verstellt werden. Im Laufrad gibt das Wasser seine Energie ab und verlässt die Turbine durch das Saugrohr.
2.3 Stromverbrauch – OBAG-Liefung und Bezug
Der Stromverbrauch und die Stromlieferung an die bzw. der -bezug von der OBAG werden durch einen Messschreiber in einem gemeinsamen Diagramm dargestellt. Mittels eines Zählers wird der Strombezug von der OBAG gemessen und viertelstündlich als Messperioden-Protokoll ausgedruckt. Angegeben werden neben Datum und Uhrzeit der Stromtarif (Hochtarif(HT)/Niedertarif(NT)), der Sollwert (Bestelleistung; HT: 130 kW, NT: 80 kW), die mittlere Wirkleistung (Durchschnittsbezug von der OBAG innerhalb der Viertelstunde), der Nutzungsgrad (Ausnutzung der Bestelleistung) und die Momentanspitze (Spitzenleistung innerhalb der Viertelstunde). Im Tages-Protokoll, das am Ende jeden Tages ausgedruckt wird, wird jeweils für Hoch- und Niedertarif das Tagesmaximum mit der entsprechenden Uhrzeit, die Tagesspitze und das bisherige Monatsmaximum mit dem entsprechenden Tag ausgedruckt.
2.4 Einsparungen durch ein klostereigenes Kraftwerk
Das Kloster gehört zu den Sonderabnehmern (Kunden mit höherem Stromverbrauch) der OBAG. Die Stromkosten setzen sich zusammen aus Leistungspreis und Arbeitspreis.
Der Leistungspreis ist eine Art Grundgebühr. Dahinter steckt die Überlegung, daß Kraftwerke und Leitungsnetz für den höchsten Stromverbrauch, nicht für einen Durchschnittswert ausgelegt sein müssen, da Strom ja in dem Moment erzeugt werden muss, in dem er verbraucht wird. Entsprechend wird bei Sondervertragskunden, die meist Stromspitzen verursachen, fortlaufend jeweils über eine Viertelstunde der mittlere Höchstwert (Viertelstunden-Maximum) gemessen. Von jedem Monat wird das höchste Viertelstunden-Maximum als Monatsmaximum gespeichert. Von den drei höchsten Monats-Maxima im Jahr wird das Jahres-Maximum als Durchschnitt berechnet.
Der Abnehmer muss für die Vertragslaufzeit (meist einige Jahre) eine bestimmte Bestellleistung angeben. Werden weniger als 70 % der Bestelleistung erreicht, wird trotzdem mit den 70 % gerechnet.
(aus AJM 1996/97 -1-)